Frau Lope grüßt

von | Aug 28, 2020 | Texte | 0 Kommentare

- Zoo­frei­kar­ten. Vie­len Dank! Was soll ich damit, ich has­se Zoos!

- Na, ich dach­te Du kannst sie viel­leicht brau­chen, du machst doch öfter mal was mit Dei­nem klei­nen Neffen …

- Ja stimmt, schon, aber muss es denn der Zoo sein?

- Du, du musst die Kar­ten nicht neh­men, ich dach­te, ich kann dir damit eine Freu­de machen.

- Tut mir echt leid, ich fin­de das wirk­lich nett, das Du fragst – aber als ich das letz­te Mal im Zoo war, habe ich fast Depres­sio­nen bekom­men. Von den Käfi­gen mit den gro­ßen Raub­kat­zen bin ich unter Trä­nen geflüch­tet. Ich dach­te, ich bin in einer gro­ßen psych­ia­tri­schen Anstalt für Tie­re – die­ses stump­fe auf und ab vor den Stä­ben, der Blick hängt irgend­wo im Nichts fest – ver­mut­lich den­ken die Löwen an die Step­pe – viel­leicht den­ken sie auch: „nichts wie raus hier“. Wahr­schein­lich den­ken sie aber nach all den Jah­ren gar nichts mehr …

- O.k., o.k. ich ver­ste­he, ich fra­ge jemand anderen!

- Nein war­te mal, Bar­ba­ros liebt Tie­re, er wür­de sich bestimmt freu­en! Wenn wir viel­leicht die Löwen und ande­ren gro­ßen Raub­tie­re meiden …

Gib mir die Kar­ten, ich mache es, ich schaue mir das alles noch ein mal an. Und wie gesagt, Bar­ba­ros liebt Tie­re … als gute Tan­te muss man eben auch mal Din­ge tun, die man eigent­lich nicht tun wür­de! Wir gehen in den Zoo …

- Wenn Du meinst! Hier sind die Kar­ten – ich woll­te Dir wirk­lich nur eine Freu­de machen und Dich in kei­ne Gewis­sens­kon­flik­te stürzen.

- Schon gut und Vie­len Dank für die Kar­ten, ich wer­de berichten.

Dann ist es Sonn­tag, mein Nef­fe und ich machen uns auf den Weg. Auf­ge­regt ruft er abwech­selnd „U‑Bahn fah­ren“ und „Tie­re gucken“! Aus dem U‑Bahnfahren, das ja soooooo span­nend ist und für das die Tan­te zustän­dig ist — Zuhau­se gibt es näm­lich ein Auto — wird nichts, denn wir bekom­men den Wagen.

Also rein ins Auto, ab in den Kin­der­sitz, anschnal­len, der Bug­gy kommt in den Kof­fer­raum, Wickel­zeug, Trin­ken, Obst, die Lieb­lings­kek­se und die Gum­mi­bär­chen für den Not­fall auf den Rücksitz!

Die Fahrt ist fried­lich, einen Park­platz fin­den wir auch, also dann raus aus dem Auto:

Ja, jetzt sind wir gleich bei den Tieren.“

Bleib hier ste­hen, bis ich den Bug­gy aus dem Kof­fer­raum geholt habe.“ „Hier ist Dei­ne Flasche“

Bar­ba­ros lass die Müt­ze an, es ist echt zu kalt.“

Oh, wenn die Bana­ne run­ter­ge­fal­len ist, kannst Du sie nicht mehr essen.“

An der Kas­se zei­ge ich die Frei­kar­ten vor und erfah­re, dass Kin­der unter zwei sowie­so frei sind. Gut den­ke ich, umso bes­ser, aber was mache ich jetzt mit der ande­ren Kar­te. Um die­se Zeit, Sonn­tag­vor­mit­tag – ist nicht gera­de eine Schlan­ge an der Zoo­kas­se, so dass ich nie­mand mit die­ser Kar­te erfreu­en kann … Was soll’s! Also auf in die künst­li­che Welt der Tie­re. Gleich links ist das Anti­lo­pen­ge­he­ge an der ers­ten Kreu­zung geht es schräg links wei­ter zum Affen­haus und gera­de­aus zu den Bären. Vor uns ziem­li­ches Vogel­ge­schrei, im Was­ser Enten, auf den Bäu­men sit­zen Vögel – die ken­ne ich nicht – groß sind sie und schwarz-grau, schön sind sie nicht, aber laut. Ich fin­de kei­ne Tafel und wir erfah­ren nicht, wer da so schreit.

Bar­ba­ros will die Enten füt­tern. Die Ent­täu­schung ist groß, als er erfährt, dass die­se Tie­re nicht gefüt­tert wer­den dür­fen, weil es hier extra Leu­te gibt, die den gan­zen Tag nichts ande­res tun als Tie­re füt­tern. Plötz­lich lehnt er sich so weit aus dem Wagen und winkt in Rich­tung Anti­lo­pen, bis ich mer­ke, dass er aus­stei­gen möch­te. Eigent­lich kann er sich locker soweit ver­stän­di­gen, aber wenn Tie­re im Spiel sind, beschränkt er sich schon mal auf Kör­per­spra­che oder grun­zen­de Laute!

War­te, ich hohl dich ja raus. Das sind Anti­lo­pen, schau mal die eine kommt immer näher. Die woh­nen sonst in Afrika.“

Die Anti­lo­pe steht jetzt ganz nah am Gra­ben, wir auf der ande­ren Sei­te. Wir schau­en uns gegen­sei­tig inter­es­siert an. Wuss­tet ihr, dass Anti­lo­pen, zumin­dest die­se, Rin­gel­so­cken tra­gen, eine schwar­ze Zun­ge und die schöns­ten Augen der Welt haben? Ihre Augen sind groß, rund, dun­kel, schim­mern feucht und sind umran­det von wun­der­bar lan­gen Wim­pern? Lie­be auf den ers­ten Blick!

Das Wort Anti­lo­pe geht nicht so leicht über eine Kin­der­lip­pe – Frau Lope schon eher. Bar­ba­ros will ihr einen sei­ner Lieb­lings­kek­se schen­ken, was in Anbe­tracht des Gra­bens nicht so ein­fach ist! Zuerst rief er immer: „Komm her, komm her“, bevor er wohl dach­te, wenn die nicht kommt, gehe ich zu ihr. Ich hat­te das aber im Griff, der Keks wur­de nicht geteilt, son­dern fiel in den Gra­ben – bes­ser als das Kind – denn Kek­se haben wir noch jede Menge!

Kind und Frau Lope schau­en sich sehr trau­rig an und sind nur mit der Aus­sicht auf toben­de Affen von­ein­an­der loszueisen.

Tschüss Frau Lope, wir kom­men wie­der, sobald wir die Affen gese­hen, die See­hun­de dres­siert, die Zie­gen gestrei­chelt, ein Eis geges­sen, von der Schau­kel gefal­len, am Nil­pferd­bas­sin ent­lang gerannt, fast ins Biber­be­cken gefal­len sind, den Ele­fan­ten pin­keln gese­hen, vor Müdig­keit geweint haben und mit Gum­mi­bär­chen bei der Stan­ge gehal­ten wur­den, denn schließ­lich müs­sen wir hier wie­der raus … Also Frau Lope bis spä­ter und lauf nicht weg! Sie beglei­te­te uns noch soweit das Gehe­ge dies zulies.

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