Ein Strauß Blumen

von | Jul 4, 2020 | Texte | 0 Kommentare

Eine Hand­voll Wor­te sind wie ein Strauß Blu­men. Sie kön­nen wun­der­bar har­mo­nie­ren, sich ergän­zen den Leser oder Zuhö­rer ver­zü­cken, berau­schen oder erfreu­en. Wor­ten gelingt aller­dings auch, was den Blu­men schwer­fal­len dürf­te – sie kön­nen ver­un­si­chern, ver­let­zen und erniedrigen.

Wor­te sind macht­voll, sie prä­gen uns nach­hal­tig, erschaf­fen Wel­ten oder brin­gen sie zum Einstürzen.

Eine Hand­voll Wor­te gekonnt arran­giert, bil­den ein schil­lern­des Feu­er­werk, das uns mit­rei­ßen kann und bis zu den Ster­nen trägt. Oft genügt schon ein klit­ze­klei­nes Wort unse­re Fan­ta­sie anzu­re­gen, uns glück­lich zu machen, zu moti­vie­ren, aber es kann uns auch auf­re­gen, wütend machen oder zer­quet­schen. Wer sie gebraucht, soll­te nie ver­ges­sen, was für eine Macht er hat.

Einem Zau­be­rer gleich, lässt der Schrift­stel­ler Per­so­nen ver­schwin­den oder ein Kanin­chen aus dem Hut sprin­gen. Das Kanin­chen nimmt uns mit und stellt uns Ali­ce vor oder ist es das Kanin­chen, wel­ches Hit­ler stahl? Der Dich­ter schöpft aus dem Vol­len, lässt flie­ßen, gestal­tet, ord­net und kor­ri­giert. Die Mühe, die es ihn gekos­tet haben mag, Effi Briest stol­pern zu las­sen, spü­ren wir nicht. Wir wür­den Anna Kare­ni­na ver­mis­sen, nicht wis­sen wie wir zum Mit­tel­punkt der Erde kom­men oder uns noch heu­te fra­gen, war­um Kapi­tän Ahab ein Holz­bein hat.

Ob klei­nes blau­es Veil­chen oder lang­stie­li­ge rote Rose – so unter­schied­lich und doch hat jede Blu­me ihren Reiz und kei­ne möch­ten wir mis­sen. Genau­so ist jedes Wort wich­tig, macht­voll und schön für sich, zusam­men aber las­sen sie Wel­ten ent­ste­hen, die bun­ter und rei­cher sind als jeder Blumenstrauß.

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